Die Longchen Nyingtik-Linie umfasst sowohl die von Jikmé Lingpa entdeckten Terma des Longchen Nyingtik als auch Belehrungen von Longchen Rabjam, die Jikmé Lingpa in einer Reihe von Visionen offenbart wurden.
Longchen Rabjam (1308-1364), auch bekannt als Longchenpa, war einer der größten Dzogchen-Meister der Nyingma-Tradition und einer der brillantesten und originellsten Autoren der tibetisch-buddhistischen Literatur.
Deshalb stützt sich Dolpo Tulku Rinpoche in seinem vierjährigen buddhistischen Studienprogramm, der Longchen Shedra, auch hauptsächlich auf den „Kostbaren Schatz der Philosophischen Systeme“ von Longchen Rabjam.
Die Praxis des Dzogchen, die große Vollkommenheit, beruht darauf unsere Buddha Natur zu verwirklichen, indem wir unsere geistigen Strukturen und Konzepte überwinden. Nyingtik bedeutet die Herz-Essenz und verdeutlicht, dass Dzogchen die Quintessenz von Buddhas Lehren in Grund, Pfad und Resultat verkörpert.
Diese große Vollkommenheit jenseits des konzeptionellen Geistes zu verwirklichen, ist das Ziel der Dzogchen Tradition.
Rigdzin Düpa
Rigdzin Düpa (Versammlung der Gewahrseinshalter) ist eine innere Lama Praxis aus der Longchen Nyingtik Tradition, die eines der wichtigsten Nyingma-Dzogchen-Systeme darstellt.
Die Praxis entstammt einem Terma Text, der von Jikme Lingpa (1730-1798) entdeckt und gelehrt wurde.
Die kraftvolle Praxis des Rigdzin Düpa hilft uns dabei, unsere eingeschliffenen Gewohnheitsmuster zu überwinden, um in der Natur unseres Geistes zu verweilen. Gemäß der Dzogchen Tradition wird die Visualisierung nicht schrittweise sondern augenblicklich erzeugt, so dass der gewöhnliche Wahrnehmungsprozess unseres Geistes durchbrochen wird.
Mit dem Erliegen der gewöhnlichen Wahrnehmung, die durch Gedanken und Emotionen getrübt ist, kommt die ursprüngliche Klarheit, unser reines Gewahrsein (Rigpa) zum Vorschein.
Schaffen wir es in diesem reinen Gewahrsein zu ruhen, das in seiner Essenz leer ist und gemäß seiner Natur als Klarheit in Erscheinung tritt, werden unsere erleuchteten Qualitäten vollständig zum Vorschein kommen. Durch dieses Herausarbeiten unserer Buddha Natur jenseits des konzeptionellen Geistes wird das uns innewohnende alldurchdringende Mitgefühl gestärkt, das uns befähigt, alle Wesen in größtmöglicher Weise zu unterstützen.
Khandro Gekyang Chöd
Die Chöd Praxis Khandro Gekyang (tib.) oder ‘Das laute Gelächter der Dakinis’ ist Teil des Longchen Nyingtik Zyklus, ein Praxis und Lehrzyklus aus der Nyingma Tradition enthüllt von Jikme Lingpa.
Das Wort Chöd bedeutet schneiden oder durchtrennen. Was wir durchtrennen müssen, ist unser Greifen nach einem inhärenten Selbst. Selbstbezogenheit und unser Festhalten an einem aus sich heraus existierenden Selbst sind das Fundament all unserer negativen Emotionen, das können wir in unseren alltäglichen Erfahrungen beobachten.
Wie durchschneidet nun die Chöd Praxis diese Selbstbezogenheit? Durch die Praxis von Liebe und Weisheit; durch das Schwert der Liebe und des Mitgefühls.
Der eigene Körper und das eigene Leben sind allen Menschen das Wichtigste. In der Chöd Praxis geht es darum, das eigene Leben, also das, was man am meisten schätzt, geistig loszulassen und es anderen darzubringen. Indem wir unseren Körper in Nektar verwandeln und damit die Bedürfnisse aller (auch der schadenbringenden) Wesen befriedigen, können wir die in unseren Anhaftungen und Ängsten gebundene Energie freilegen und integrieren, sie als Teil von uns erkennen und befrieden. Auf diese Weise durchtrennen wir die Wurzel unserer negativen Emotionen, können Konzepte und Gewohnheitsmuster loslassen und in der Natur der Phänomene verweilen.
Die Chöd Praxis gilt als sehr hilfreich, um viele Krankheiten zu heilen und schützt vor Schaden, den Dämonen als Verkörperung unserer Ängste anrichten.
Riwo Sangchö (Rauchopfergabe)
Riwo Sangchö, oder wörtlich “Berg-Rauchopfer”, ist eine berühmte Praxis des Sangopfers, die von dem großen Yogi und Tertön (Schatzfinder) Lhatsün Namkha Jikmé (1597-1653) offenbart wurde. Lhatsün Namkha Jikmé war eine Inkarnation sowohl von Vimalamitra als auch von Longchenpa.
Es gibt viele verschiedene Sangopfer-Praktiken, allerdings arrangierte Dudjom Rinpoche in den 1970er Jahren die ursprüngliche Praxis des Riwo Sangchö in eine verkürzte Version für die tägliche Praxis, die einmal wöchentlich von Dolpo Tulku Rinpoche’s Sangha online praktiziert wird.
Riwo-Sangchö verkörpert die Sicht des Dzogchen (der großen Vollkommenheit) und gehört in ihrer Essenz innerhalb des buddhistischen Kontextes zur transzendentalen Freigiebigkeit.
Der tibetische Begriff „Sangchö“ besteht aus zwei Worten, sang und chö. Sang bedeutet zu reinigen, und es gilt in diesem Zusammenhang das Ergebnis unserer Handlungen, die wir durch schädliche Geisteszustände begangen haben, sowie die Verschmutzung der Umwelt, die unsere Gesundheit angreift, zu reinigen.
Die Reinigung findet auf drei Ebenen statt:
- Auf der äußeren Ebene, um die fünf Elemente auszugleichen
- Auf der inneren Ebene, um unsere Nerven, Chakren, Winde und inneren Flüssigkeiten zu pflegen
- Auf der geheimen Ebene, um unser Rigpa, unser reines Gewahrsein, zu stärken
Das zweite Wort chö bedeutet darbringen. Wir legen die reinigenden Substanzen in das Feuer und bringen den Geruch des Rauchs, der entsteht, dar.
Die Motivation, das Riwo Sangchö-Räucheropfer zu praktizieren, sollte die Absicht beinhalten, unseren Geist zu zähmen, um allen fühlenden Wesen in der bestmöglichen Art helfen zu können.